SEITE 56 [Fortsetzung]                                         Jainismus  Titel Inhalt vorige Seite Druckversion dieser Seite in Pdf

UTTARÂDHYAYANA.

Dreizehnte Vorlesung,

genannt

KITRA UND SAMBHÛTA[1].

Weil er wegen seiner Geburt (als ein Kândâla) verächtlich behandelt wurde, fasste Sambhûta in Hastinâpura,

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den sündigen Beschluss (ein universeller Monarch in einer späteren Geburt zu werden); herabsteigend von der himmlischen Region Padmagulma, wurde er von Kulanî in Kâmpilya als Brahmadatta geboren; Kitra, jedoch, wurde in der Stadt Purimatâla in der großen Familie eines Kaufmanns geboren; als er das Gesetz gehört hatte, betrat er den Orden. (1, 2)

In der Stadt Kâmpilya trafen sich sowohl Sambhûta als auch Kitra (wie sie in einer früheren Geburt genannt waren) wieder und erzählten einander von der Belohnung, die sie für ihre guten und schlechten Handlungen realisiert hatten. (3)

Der universelle Monarch Brahmadatta, der mächtige und ruhmreiche König, sprach ihm (der in einer früheren Geburt) sein Bruder (gewesen war) respektvoll mit folgenden Worten an: (4)

Wir waren einmal Brüder, gut zueinander, einander liebend, wünschten einander Gutes. (5)

"Wir waren Sklaven im Land der Dasârnas, dann Antilopen auf dem Berg Kalañgara, dann Gänse am Ufer des Mritaga und Svapâkas im Land der si." (6)

"Und wir waren Götter und hatten große Macht in den Regionen der Götter. Dies ist unsere sechste Geburt, in welcher wir von einander getrennt wurden." (7)

"Karman wird durch sündige Gedanken erzeugt, und du hast sie gehegt, O König, es ist durch den Einfluss dieses Karman, dass wir getrennt wurden." (8)

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"Ich hatte Handlungen in Anlehnung an Wahrheit und Reinheit getan, und jetzt genieße ich ihre Wirkung, gilt dies auch in deinem Fall, Kitra? (9)

"Jede gute Tat wird für Menschen ihre Früchte tragen; es gibt kein Entrinnen aus der Wirkung der eigenen Handlungen. Durch Reichtum und die höchsten Freuden hat meine Seele die Belohnung für seine Tugenden erhalten." (10)

"Wisse, Sambhûta, dass du den Lohn für deine Tugenden in der Gestalt von großem Reichtum und Wohlstand erhieltst, aber wisse, O König, das ist gerade so mit Kitra; er erhielt auch Wohlstand und Glanz." (11)

"Ein in Worte verkürztes Lied von tiefem Sinn ist in der Mitte einer Menge von Menschen wiederholt worden, (gehört habend), welche Mönche aus Frömmigkeit und Tugenden sich selbst in dieser (Religion) anstrengen: wurde ich ein Sramana." (12)

"Berühmt sind meine schönen Palästen Ukka, Udaya, Madhu, Karka, und Brahman: dieses Haus, voller Schätze und die besten Erzeuginissen der Pañkâlas enthaltend, O Kitra[2], betrachte sie als deine eigenen!" (13)

"Umgeben dich selbst mit Frauen, die tanzen und singen und Musik machen; genieße diese Vergnügungen, O Mönch; ich erachte Verzicht eine harte Sache." (14)

Da der tugendhafte Kitra, aus alter Freundschafts willen, den König liebte, der an sinnliche Genüsse verbunden war, und da er seine Wohlfahrt auf dem Herzen hatte, sprach er zu ihm folgende Worte: (15)

"All singing is but prattle, all dancing is but "Alles Singen ist nur Geschwätz, alles Tanzen ist nur

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Necken, alle Ornamente sind nur eine Last, alle Vergnügungen erzeugen nur Schmerzen." (16)

"O König, Verknügungen, die die Unwissenden gern haben, aber die Schmerzen erzeugen, erfreuen nicht fromme Mönche, die sich nichts aus Lust machen, sondern nur auf die Tugenden des richtigen Verhaltens bedacht sind." (17)

"Vorzüglicher König, die unterste Kaste der Menschen ist diese der Svapâkas, an die wir zweimal gehörten; als solche waren wir von allen Menschen verabscheut, und wir lebten in den Ortsteilen der Svapâkas." (18)

"In dieser elenden Geburt lebten wir in den Weilern der Svapâkas, von allen Menschen geekelt; dann erwarben wir das Karman (die Frucht, welcher wir uns jetzt erfreuen)." (19)

"Du bist jetzt ein König von großer Macht und Wohlstand, den Lohn für deine guten Taten genießend; stelle die vergänglichen Vergnügungen weg von dir, und trete ein in den Orden um des höchsten Gutes[3] willen!" (20)

"Er der in diesem Leben keine guten Taten getan hat und nicht das Gesetz ausgeübt hat, bereut es in der nächsten Welt, wenn er eine Beute zum Tod geworden ist." (21).

"Wie ein Löwe  eine Antilope ergreift, so führt der Tod einen Menschen in seiner letzten Stunde; weder Mutter noch Vater, noch wird der Bruder, zu dieser Zeit, ein Teilchen (seines Lebens) retten." (22)

"Weder seine Verwandten, noch seine Freunde, noch seine Söhne, noch seine Beziehungen wird sein Leid teilen, er allein hat es zu ertragen, denn der Karman folgt dem Täter." (23)

"Hinter sich lassend Zweibeiner und Vierbeiner, seine Felder, sein Haus, sein Vermögen, sein Korn, und alles;

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gegen seinen Willen, und nur von seinem Karman[4] begleitet, tritt er in eine neue Existenz, entweder eine gute oder eine schlechte." (24)

"Wenn sie auf dem Scheiterhaufen mit dem Feuer seinen verlassenen, hilflosen Leichnam verbrannt haben, seine Frau und seine Söhne und Verwandten werden einen anderen Mann wählen, um für sie zu sorgen." (25)

"Das Leben zieht sich (bis zum Tod) kontinuierlich[5] hin; Alter rafft die Kraft des Menschen weg. König der Pañkâlas, merke meine Worte: tu keine furchtsamen Handlungen."(26)

"Auch ich weiß genauso gut wie du, Heiliger, was du mir in deiner Rede erzählt hast: Vergnügungen wird den Menschen ergreifen und sind nicht einfach aufgegeben, durch solche wie wir sind, Herr." (27)

"O Kitra in Hastinâpura[6]  Ich sah den mächtigen König (Sanatkumâra), und ich fasste diesen sündvollen Beschluss in meinem Wunsch nach sinnlichen Genüssen. (28)

Und da ich es nicht bereute; ist dies davon, dass ich mich immmer noch nach sinnlichen Genüssen sehne, obwohl ich das Gesetz kenne." (29)

"Wie ein Elefant, in einem Sumpf versinkt,

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den erhobenen Boden sieht, aber das Ufer nicht erreicht, das tun wir die sich nach sinnlichen Genüssen sehnen, nicht dem Weg der Mönche folgen." (30)

"Die Zeit verstreicht und schnell vergehen die Tage, die Freuden der Menschen sind nicht von Dauer; sie kommen zu einem Mann und verlassen ihn gerade wie ein Vogel Blätter eines Baumes leere von Früchten verlässt." (31)

"Wenn du unfähig von Vergnügungen zu lassen, dann tue edle Handlungen, O König; folge dem Gesetz, habe Mitleid mit allen Geschöpfen: dann wirst du ein Gott werden beim Eintreten in eine neue Existenz." (32)

"Wenn du nicht die Absicht hast Vergnügen aufzugeben, und immer noch Unternehmen und Eigentum ersehnst, ist mein langes Gespräch für keinen Zweck gewesen. Ich gehe, König, leb wohl." (33)

Und Brahmadatta, König der Pañkâlas, handelte nicht auf den Rat des Heiligen, er genoss die höchsten Vergnügen, und sank (danach) in die tiefste Hölle. (34)

Aber Kitra der große Weise, von ausgezeichnetem Verhalten und Buße, war gleichmütig zu Vergnügen; nachdem er die höchste Selbstkontrolle geübt hatte, erreichte er die höchste Stelle der Vollkommenheit. (35)

So sage ich.

Ende der Dreizehnten Vorlesung, genannt KITRA UND SAMBHÛTA.

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[1] Die Geschichten über Kitra and Sambhûta und das Schicksal sie SEITE 57 in vielen Geburten erlebten sind den Brahmanen, Gainas und Buddhisten gemeinsam. Das ganze Thema ist erschöpfend von Prof. Leumann in zwei gelehrten Papieren in der Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes, vol v, SEITE 1 ff., SEITE 111 ff., behandelt worden. 111 ff., wo eine Analyse der verschiedenen Dokumente, die sich auf diese Legende beziehen, gegeben ist, und der Prâkrit Text der dreizehnten und vierzehnten Vortlesungen zusammen mit einer deutschen Übersetzung veröffentlicht worden ist. Für alle Details, deshalb, wird der Leser auf Arbeiten Prof. Leumann hingewiesen

[2] Der Kommentator konstruiert Kitra mit dhanappabhûya: voller vielfältigen Schätzen, aber Prof. Leumann hat wahrscheinlich recht indem er es als Vokativ nimmt.

[3] Âdâna, erklärt karitradharma

[4] Dies kann übersetzt werden, wie Professor Leumann empfiehlt: Karman besitzen, wie der Keim (seines künftigen Schicksals); immer noch bevorzuge ich den Sinn verbürgt durch die Kommentatoren, weil karmabîga allgemein Keim bedeutet, d.h. Ursache von Karman, siehe nachher, Dreißigste Vorlesung, Vers 7

[5] Siehe Professor Leumanns Bemerkungen zu diesem Vers, 1c., SEITE 137 f.

[6] Als Sunandâ, die Frau von Sanatkumâra, Sambhûta, damals ein Gaina Mönch, huldigte und seine Füße mit den Locken ihres weichen Haares berührte, wurde er von dem Wunsch besessen, ein universeller Monarch als Belohnung für seine Bußen zu werden. Dies ist die nidâna von der der Text spricht, und was ich in diesem Zusammenhang durch 'einen Beschluss fassen' wiedergebe. Für die Geschichte selbst, siehe meine Ausgewählten Erzählungen in Mâhârâsht, SEITE 5 f.