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Wer alle weltlichen Bindungen aufgegeben hat und in unserem Glauben unterrichtet ist, sollte Keuschheit ausüben, sich bemühend; gehorchend den Befehlen (seines Lehrers) sollte er sich gut mit dem Verhalten bekannt machen; ein kluger (Mönch) sollte Unachtsamkeit vermeiden. (1)
Wie (Greifvögel), z.B. Dhaṅkas, einen flatternden kleinen Vogel davontragen, wenn er versucht vom Nest zu fliehen, aber nicht in der Lage ist, dies zu tun, denn er ist noch zu jung, und seine Flügel sind noch nicht gewachsen; (2)
Gerade als sie einen jungen Vogel, dessen Flügel sind noch nicht gewachsen sind, davontragen, so viele regellose Menschen werden einen Neuling, der das Gesetz noch nicht gemeistert hat, verführen, denkend, dass sie ihn in ihre Gewalt bringen können, wenn sie ihn veranlasst haben, (die Gakkha) zu verlassen [2]. (3)
Ein guter Mensch sollte sich sehnen mit seinem Lehrer zu leben, um seine Aufgaben zu erfüllen[3], wissend, dass, wer nicht mit seinem Lehrer lebt, nicht ein Ende zu seinem weltlichen Dasein setzen wird. Das Verhalten
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der Tugendhaften offenkundig machend, sollte ein intelligenter (Mönch) nicht die (Gesellschaft seines Lehrers) verlassen. (4)
(Ein Mönch), der die Regeln für Yatis[4] erfüllt, hinsichtlich der Haltung, Hinlegen, Sitzen, und Bemühungen, der durch und durch mit den Samitis und Guptis bekannt gemacht ist, sollte beim Lehren anderer jeden einzelnen (Punkt von Verhalten) erklären. (5)
Ob er (angenehme) oder schreckliche Klänge hört, sollte er nicht zulassen, von ihnen beeinflusst zu werden, und in (Selbst-)Kontrolle verharren; noch sollte ein Mönch müde oder nachlässig werden, sondern mit allen Mitteln sollte er Zweifel loswerden. (6)
Wenn von einem jungen oder einem alten Mönch ermahnt, von einem über ihm oder einem gleichen Alters, sollte er gegen ihn nicht bissig, vollkommen frei von Leidenschaft, antworten[5]; denn derjenige, der, (sozusagen, vom Strom des Samsâra) fortgerissen wird, wird nicht an sein gegenüberliegendes Ufer gelangen. (7)
(Er sollte nicht wütend werden), wenn (irgendetwas falsch machend), denn sein eigener Glauben wird gegen ihn durch einen Ketzer zitiert, oder wenn er durch (jemand anderen) korrigiert wird, sei er jung oder alt, oder durch eine in niederen arbeiten beschäftigte oder einen Krug tragende Sklavin, oder durch irgendeinen Haushaltsvorstand. (8)
Er sollte nicht mit ihnen böse sein, noch ihnen irgendeinen Schaden tun, noch ein einziges hartes Wort zu ihnen sagen, aber er sollte (sich) versprechen, die gleiche Sünde nicht wieder zu begehen; denn dies ist besser, als Unrecht zu tun. (9)
Wie jemand, der seinen Weg im Wald verloren hat, andere, die (ihn) nicht (verloren) haben, (ihn zeigen, so jemand) lehrt den
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Pfad, der den Menschen heilsam ist. Daher (sollte er denken): dies ist für mein Bestes, dass diejenigen, die wissen, mich richtig stellen. (10)
Nun, wer seinen Weg verloren hat, sollte ihn mit allen Ehren behandeln, der (ihn) nicht (verloren) hat. Dieses Gleichnis ist vom Propheten erklärt worden. Erfahren habend, was recht ist, sollte man es ausüben. (11)
Wie ein Führer in einer dunklen Nacht den Weg nicht findet, da er ihn nicht sieht, aber den Weg erkennt, wenn es durch den Aufgang der Sonne hell geworden ist; (12)
So ein Neuling, der das Gesetz nicht gemeistert hat, das Gesetz nicht kennt, nicht erweckt ist; aber er es nachher durch die Worte der Ginas gut kennt, wie mit seinem Auge (der Wanderer den Weg) nach Sonnenaufgang (sieht). (13)
Immer zurückhaltend in Bezug auf bewegliche und unbewegliche Wesen, die nach oben, unten, und auf Erden sind, sollte (ein Mönch) umherwandern, keine feindlichen Gedanken (gegen sie) unterhaltend und standhaft (in Selbst-Kontrolle) sein. (14)
Zur rechten Zeit kann er eine Frage zu Lebewesen an einen ein gut verhaltenden (Mönch) stellen, der wird das Verhalten der Tugendreichen erklären, und was er hört, sollte er befolgen und in seinem Herzen horten, denkend, dass es die Lehre der Kêvalins ist. (15)
In dieser (Gesellschaft des Lehrers) lebend und (sich selbst oder andere Wesen) in den drei Arten (nämlich in Gedanken, Worten, und Handlungen) schützend, (erhält) er Frieden und die Vernichtung (der Sünden), wie sie sagen. So sprechen diejenigen, die die drei Welten kennen, und sie begehen nicht wieder Fehler! (16)
Durch Hören der gewünschten Wahrheit bekommt ein Mönch glänzende Ideen und wird ein kluger (Lehrer); begehrend das höchste Gut und Askese und Schweigen ausübend,
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wird er endgültige Befreiung erlangen (lebend von) reiner (Nahrung). (17)
Diejenigen, die das Gesetz untersucht haben legen es aus, werden erweckt und zu setzen der weltlichen Existenz ein Ende[6]; fähig beide (sich selbst und andere) zu befreien, antworten sie auf die gut bedachten Fragen. (18)
Er verschleiert (die Wahrheit) nicht, noch verfälscht sie; er sollte nicht seinen Stolz und (Wunsch nach) Ruhm nachgeben; weise seiend sollte er nicht spaßen, noch Segenswünsche aussprechen. (19)
Abgeneigt, um lebende Wesen zu verletzen, tut er seiner Berufung[7] keine Schande durch den Gebrauch von Zaubersprüchen; ein guter Mensch begehrt nicht irgendetwas von anderen Leuten, und er gibt keine Aussage zu ketzerischen Lehren. (20)
Ein Mönch einzeln lebend sollte nicht ketzerische Lehren verhöhnen und sollte harte Worte vermeiden auch wenn sie wahr seien; er sollte nicht eitel sein, noch angeben, aber er sollte ohne Verlegenheit und Leidenschaft (das Gesetzes predigen). (21)
Ein Mönch sollte bescheiden[8] sein obwohl er eines furchtlosen Geistes sei; er sollte die Syâdvâda[9] erklären; er sollte die zwei (erlaubten) Arten der Rede[10] verwenden, lebend unter tugendhaften Menschen, unparteiische und weise. (22) (22)
Er, der (die Anweisung) befolgt mag etwas Falsches glauben; (man sollte) (ihm) freundlich (sagen): "Es ist so oder so". Man sollte ihn nie verletzen durch
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empörende Sprache, noch langatmige Erklärungen der schwierigen Passagen geben. (23)
(Wenn der Schüler seine kurzen Erläuterungen nicht versteht), sollte er ausführlicher erklären. Wenn der Schüler es gehört hat, wird er die Wahrheit richtig verstehen. Ein Mönch sollte reine Rede hervorbringen, welche in Übereinstimmung mit dem Glaubensbekenntnis (der Ginas) ist, und sollte die Unterscheidung von Sünde erklären. (24)
Er sollte die (heiligen Schriften) gut lernen, wie sie offenbart worden sind; er sollte sich bemühen (den Glauben zu lehren), aber er sollte nicht unangemessen lang sprechen. Ein gewissenhafter Mann, der in der Lage ist, den gesamten Glauben zu erklären[11], wird nicht den Glauben verfälschen. (25)
Er sollte (die Wahrheit) nicht verdrehen noch dunkel machen; er sollte weder Text noch Sinn herstellen, wenn er ein Retter sein möchte; dem Lehrer hingegeben sein und seine Worte gut berücksichtigend, liefert er gewissenhaft, was er gelernt hat. (26)
Er der die heiligen Texte fehlerfrei kennt, der Askese ausübt, der alle Einzelheiten des Gesetzes versteht, der ein authentischer Ausleger ist, klug ist, und gelernt - solch ein Mann ist zuständig, das gesamte Glaubensbekenntnis zu erklären. (27)
So sage ich.
Ende der vierzehnten Vorlesung genannt "DER NIRGRANTHA"
nächste SEITE FÜNFZEHNTE VORLESUNG genannt "DIE YAMAKAS"
[1] Srutaskandha. Sein Sanskrit-Titel erwähnt durch Sîlâṅka ist Gâthâshô dasaka, d.h. das Buch, dessen Sechzehnte Vorlesung Gâthâ genannt wird. Es ist erwähnt in der Uttarâdhyayana XXXI, 13 durch den Namen der sechzehn Gâthâs, siehe oben, SEITE 182.
[2] Nissâriyam = nihsâritam. I follow in the text the interpretation of the commentators. Ich folge im Text der Auslegung der Kommentatoren. Aber ich denke, dass anstelle von mannamânâ müssen wir, wie im vorhergehenden Vers mannamânam lesen; und übersetzen: sich selbst reich an Kontrolle (vâsimam) glaubend, obwohl er immer noch an Kraft (nissâriyam) mangelt.
[3] Samâhim
[4] Susâdhuyukta. Vgl. Kalpa Sûtra, Regeln für Yatis, SEITE 196
[5] Sammam tayam thiratô nâऽbhigakkhê. Ich übersetze nach den Kommentatoren, da ich unfähig bin die Wörter im Text zu verstehen.
[6] D.h. verfolgen nur noch den spirituellen Weg.
[7] Gôtra, erklärt durch mauna
[8] Saṅkiggiyâ = saṅkyêta
[9] Vibhagyavâda. Die saptabhaṅgînaya oder sieben Arten der Behauptung, sind durch den Ausdruck im Text beabsichtigt. Siehe Bhandarkar, Report, 1883-84, SEITE 95.
[10] Siehe, SEITE 304, Anm. 4. Die erste und vierte Art der Rede sind hier gemeint. Vgl. auch Âkârâṅga Sûtra I, 2, 1, 4, SEITE 150
[11] Samâhi = samâdhi