SEITE
112
[Fortsetzung]
Jainismus
Titel
Inhalt vorige Seite
Druckversion dieser Seite in Pdf
In der Stadt von Sauryapura[1] gab es einen mächtigen König, Vasudêva mit Namen, der die charakteristischen Merkmale eines Königs besaß. (1)
Er hatte zwei Frauen, Rôhinî und Dêvakî; jede von ihnen hatte einen geliebten Sohn, Râma und Kêsava. (2)
In der Stadt von Sauryapura gab es (einen weiteren) mächtigen König, Samudravigaya mit Namen, der die charakteristischen Merkmale eines Königs besaß. (3)
Seine Frau war Sivâ mit Namen; und ihr berühmter Sohn war der ehrwürdigen Arishtanêmi, der Retter der Welt und der Herr von Asketen. (4)
Dieser Arishtanêmi, der mit einer ausgezeichneten Stimme begabt war und die Tausend und acht glückbringenden Merkmale des Körpers besaß, war ein Gautama, und seine Haut war schwarz. (5)
Sein Körper war stark wie der eines Stieres und hart
SEITE 113
wie Stahl, er war gut proportioniert, und hatte einen Bauch wie der eines Fisches.
Kêsava fragte das Mädchen Râgîmatî[2] um Eheschliessung mit ihm. (6)
Nun diese Tochter eines hervorragenden Königs[3] war tugendhaft und gut aussehend; sie besaß alle glückbringenden Merkmale des Körpers, und leuchtete wie der Blitz Saudâmanî. (7)
Ihr Vater sagte zu dem mächtigen Vâsudêva: "Lass den Fürsten hierher gekommen, damit ich ihm meine Tochter geben kann." (8)
Er hatte ein Bad genommen mit allen (glückbringenden) Kräutern, und hatte die üblichen Zeremonien durchgeführt; er trug einen Anzug von himmlischer Kleidung und war mit Ornamenten ausstaffiert. (9)
Reitend auf dem am besten gemästeten Elefanten[4] von Vâsudêva sah er wunderschön aus, wie ein auf dem Kopf getragener Juwel. (10)
Er setzte sich unter ein angehobenes Dach, befächelt mit zwei Fliegenwedel, und er war auf allen Seiten von einer Vielzahl von Dasârhas[5] und von einer vollständig in Reih und Glied aufgestellten Armee
SEITE 114
umgeben, während der himmlische Klang von Musikinstrumenten den Himmel erreichten. (11, 12)
Mit einer solchen Pracht und Herrlichkeit ist der Held der Vshrinis von seinem eigenen Palast gestartet. (13)
Auf seinem Weg sah er Tiere, gehalten in Käfigen, und Gehegen, überwältigt von Angst und elend aussehend. (14)
Sie auf dem Punkt von getötet werdend sehend wegen ihres Fleisches, und danach gegessen zu werden, sprach der große Weise zu seinem Wagenlenker[6] also: (15)
"Warum werden[7] alle diese Tiere, die wünschen glücklich zu sein, in Käfigen und Gehegen gehalten?" (16)
Dann antwortete der Wagenlenker: "Glücklich sind diese Tiere, weil sie zu deiner Hochzeit, für viele Menschen Nahrung erbringen werden." (17)
Nachdem er diese Worte gehört hatte, die die Tötung von vielen Tieren ankündigten, der große Weise, voller Mitgefühl und Freundlichkeit zu lebenden Wesen, meditierte so: (18)
"Wenn mir zuliebe viele lebende Wesen getötet werden, werde ich in der nächsten Welt nicht Glück erhalten." (19)
Dann beschenkte der berühmte Mann den Wagenlenker mit seinem Paar Ohrringen, seiner Hals-Kette, und allen seinen Ornamenten. (20)
Als er seinen Entschluss gefasst hatte, kamen die Götter
SEITE 115
nach dem bestehenden Brauch mit großem Pomp zusammen mit ihrem Gefolge (vom Himmel) herunter, das Ereignis seines Verzichts zu feiern. (21)
Von Göttern und Menschen umgeben, und auf einem ausgezeichnete Palankin sitzend, verliess der Ehrwürdige Dvârakâ und bestieg Mount Raivataka[8]. (22)
Bei der Ankunft beim Park stieg er aus seinem ausgezeichneten Palankin, von einer Menge von Tausenden umgeben, und dann fand sein Verzicht statt, während der Mond in Konjunktion mit Kitrâ[9] war. (23)
Da rupfte er sich selbst sein herrlich-duftendendes, weiches, und gewelltes Haar in fünf Handvoll aus. (24)
Und Vasudêva sagte zu diesem Bezwinger der Sinne, der sein Haar ausgerupft hatte: "O Herr der Asketen, mögest du bald erhalten, was du wünschst und begehrst. (25)
"Nehme zu in Wissens, Glaubens, und richtigem Verhalten, in Geduld und Vollkommenheit!" (26)
Auf diese Weise Rama und Kesava, die Dasârhas, und viele Menschen huldigten Arishtanêmi und kehrten dann zur Stadt Dvârakâ zurück. (27)
Als die Tochter des Königs von der Weihung des Gina hörte, verließ sie Lachen und Heiterkeit, und sie war von Trübsal überwältigt. (28)
SEITE 116
Râgîmatî dachte: "Schande über mein Leben, dass ich durch ihn verlassen worden bin! es ist besser, ich werde Nonne." (29)
Bestimmt und entschlossen schnitt sie ihre Zöpfe ab, die schwarz wie Bienen waren und hergerichtet mit einem Kamm und Bürste[10]. (30)
Und Vâsudêva sagte zu ihr, die ihr Haar abgeschnitten und ihre Sinne bezwungen hatte: "Frau, überquere den schrecklichen Ozean des Samsâra ohne Mühe!" (31)
Als sie dem Orden beigetreten war, die tugendhafte und sehr gelehrte Frau bewirkte dort viele Menschen, ihre Verwandten und Diener, auch in den Orden einzutreten. (32)
Auf ihrem Weg zum Mount Raivataka fing es an zu regen; mit ihrer nassen Kleidung, trat sie in eine Höhle ein und wartete dort in der Dunkelheit, während es regnete. (33)
Sie zog ihre Kleider aus und war nackt, wie sie geboren wurde, so wurde sie von Rathanêmi gesehen[11], deren
SEITE 117
[Absatz geht weiter] Seelen-(Frieden) wurde (dadurch) gestört; und dann sah sie ihn. (34)
Sie erschrak, als sie sich allein mit dem Mönch entdeckte; die Arme über der Brust verschränkend sank sie zitternd zu Boden. (35)
Als der Prinz, Samudravigaya’s Sohn, sie erschrocken und zitternd sah, sprach er die folgenden Worte: (36)
"Ich bin Rathanêmi, O liebe, schöne, süß-sprechende Dame! Nehme mich an als deinen Liebhaber, O schlanke Eine O[12], du wirst keinen Grund haben, dich zu beklagen." (37)
"Komm, laß uns Vergnügungen genießen, denn es ist eine seltene Chance, (als) ein Mensch geboren zu werden; nachdem wir Vergnügungen genossen haben, werden wir auf den Weg der Ginas eintreten." (38)
Als Râgîmatî merkte, daß Rathanêmi’s Willensstärke gebrochen war, und die Versuchung ihn überkommen hatte, verlor sie nicht ihre Geistesgegenwart und verteidigt ihr Selbst bei dieser Gelegenheit. (39)
Die Tochter des besten Königs, getreu zu Selbstkontrolle und ihren Gelübden, behauptete die Ehre ihres Clans und Familie, und ihre Tugend, und sprach zu ihm: (40)
"Wenn du die Schönheit von Vaisramana[13] besitzt, die angenehmen Manieren von Nalakûbara[14], wenn du wärst wie Purandara[15] selbst, sollte ich keine Lust auf dich haben." (41)
SEITE 118
"Pfui über euch, berühmter Ritter, der das erbrochene Getränk wegen dieses Lebens willen schlürfen will; es wäre besser für dich zu sterben[16]." (42)
"Ich bin die Tochter des Bhôga-Königs[17], und du bist ein Andhakavrishni; in einer adeligen Familie geboren worden, lass uns nicht wie Gandhana Schlangen[18] werden; übe entschlossen Selbstkontrolle aus! (43)
"Wenn du dich sofort in jede Frau, die du siehst verliebst, wirst du ohne Halt wie die Hatha-Pflanze[19], getrieben vor dem Wind. (44)
"Wie ein Hirte oder ein Halter von Waren die Sachen nicht besitzt (er hat darauf Acht), so wirst du nicht wirklich Sramanahood besitzen." (45)
Nachdem er diese gut gesprochenen Worte der tugendhaften Frau gehört hat, kehrte er zum Gesetz zurück wie ein mit dem Haken getriebener Elefant [20]. (46)
Beschützt in Gedanken, Worten, und Handlungen, seine Sinne unterwerfend und die Gelübde haltend, praktizierte er während des gesamten Lebens wahre Sramanaschaft. (47)
SEITE 119
Nach Ausübung schwerer Askese wurden beide Kêvalins, und völlig ihre Karman vernichtet habend, erreichten sie die höchste Vollkommenheit. (48)
So handeln die Aufgeklärten, die Weisen, die Klugen; sie wenden sich von Vergnügen ab, wie dies diese besten von Männern machten[21]. (49)
So sage ich.
Ende der Zweiundwanzigsten Vorlesung, genannt RATHANÊMI.
nächste SEITE DREIUNDZWANZIGSTE VORLESUNG genannt KÊSI AND GAUTAMA
[1] Nach der brahmanischen Darstellung lebte Vasudêva in Mathurâ. Der Name der Stadt von den Gainas gegeben ist offenbar von Sauri abgeleitet, einer Bezeichnung von Krishna, dessen Großvater Sûra war. Soriyapura kann Saurikapura oder Sauryapura sein. Die letztere von unseren Kommentatoren angenommene Wiedergabe ist auf einer falschen Etymologie beruhend
[2] Râîmai, Râimaî und Râyamatî sind die Formen ihres Namens in Prâkrit; die Schreibweisen Râgîmatî und Râgamati werden auch im Sanskrit angetroffen.
[3] Nämlich Ugrasêna. Er wurde von Krishna auf den Thron gesetzt auf den Tod des Kamsa, vgl. Vishnu Purâna V, 21. Er und Dêvaka waren die Söhne des Âhuka, Kamsa war ein Sohn von Ugrasêna und Dêvakî eine Tochter von Dêvaka, loc. cit. IV, 14. Nach der Legende von Krishna, wie erzählt von den Brahmanen und Gainas, griff Garâsandha später wiederholt Mathurâ an. Krishna baute daher Dvârakâ am Ufer des westlichen Ozeans, und schickte dorthin den Yâdava Stamm, loc. cit. V, 22 und 23. Die im Text erzählten Ereignisse müssen verstanden werden, in Dvârakâ geschehen zu sein, wie aus Vers 21 deutlich ersichtlich ist.
[4] Gandhahastin, ein Elefant, der besten Klasse, dessen Geruch ausreichend ist, wie man glaubt, gewöhnliche Elefanten zu erschrecken, siehe Vers 55.
[5] Dasâra in Prâkrit. Sie sind ein aus Yadu stammender Clan. Prinz der Dasârhas, ist ein Titel von Krishna, der wohl auch eine geistig-spirituelle Bedeutung haben wird, nicht nur eine örtlich-ethnologische. ΑΏ
[6] In Vers 10 reitet Arishtanêmi auf einem Elefanten, aber in der Folge ist angenommen, dass er in einem Wagen unterwegs ist. Es sei denn, der Dichter kann belastet werden diesen Fehler gemacht zu haben, was ich nur möglich denke, Vers 10 muss als ein späterer Zusatz betrachtet werden.
[7] Die Form des Verbs akkhahim for akkhanti ist bemerkenswert, weil him als Endung der dritten Person Plural zu Apabhramsa gehört. Es ist interessant, eine echte Apabhramsa Form in einem Text so alt wie dem unsrigen zu finden, denn es scheint zu beweisen, dass zu allen Zeiten Apabhramsa mit dem gewöhnlichen Prâkrit, einer vulgären oder niedrigen mit einer hohen Mittel -indischen Sprache, einherging
[8] Raivataka ist Mount Girnâr in Kathiawâd. Der Hügel ist einer der heiligsten Orte der Gainas und ist mit Tempeln der Ginas bedeckt. Er ist auch heilig für die Hindus wegen seiner Verbindung mit der Geschichte von Krishna. Die poetische Beschreibung des Berges Raivataka bildet den Gegenstand der vierten Sarga der Sisupâlavadha von Mâgha
[9] Das Mond-Haus (engl. lunar-mansion einer der 28 Teile in welche des Monds monatlicher Lauf durch die Himmel geteilt ist), der Hauptstern von denen ist Spica oder α Virginis.
[10] Kukkaphanaga, in Sanskrit kûrkaphanaka. Nach Ansicht der Gelehrten ist phanaka ein Kamm aus Bambus .-- Ich habe übersetzt, "schnitt ab ihre Zöpfe," aber wörtlich ist es: "ausgerissen ihr Haar". Allerdings glaube ich nicht, dass Frauen auch ihre Haare auszureißen (bei der Digambara Sekte, gibt es noch heute solche, die bei der Initiationszeremonie fünf Handvoll Haare ausraufen bei den auch so genannten ‚nackten Jain’ gibt es jedoch auch einzelne, die alle Haare wachsen lassen, nackt leben als Asket und versuchen alle Regeln einzuhalten um Moksa zu erreichen. ΑΏ).
[11] Rathanêmi war ihres Mannes älterer Bruder. Laut einer Legende erzählt in Haribhadra's Tîkâ von der Dasavaikâlika Sûtra (siehe Leumann in der Zeitschrift der Deutschen Orient-Gesellschaft "Journal of the German Oriental Society", Bd. 46, SEITE 597), fiel Rathanêmi in Liebe mit Râgîmatî. Aber die Dame, um ihn sein Unrecht sehen zu machen, erbrach ein süßes Getränk, das sie getrunken hatte, in einen Becher und bot ihn ihm an. Nach seiner Abkehr mit Abscheu, erklärte sie ihm ihre Bedeutung: auch sie hatte erbrechen müssen, sozusagen, wegen Arishtanêmi, ungeachtet dessen, wollte er sie haben. Dann lehrte sie ihm das Gaina Glaubensbekenntnis, und er wurde ein Mönch.
[12] Suyanu = sutanu. Dies kann jedoch ein Eigenname, ein Synonym von Râgîmatî sein, denn nach der Harivamsa 2029 und die Vishnu Purâna IV, 14, war Sutanu eine Tochter von Ugrasêna.
[13] Vairamasna ist eine Prâkrit Schreibweise für Vaisravana = Kubêra.
[14] Nalakûbara ist Vairamasna's Sohn
[15] Indra
[16] Die Verse 42, 43, 44, 46 sind in den Dasavaikâlika Sûtra II, 7-10 erhalten worden, siehe Ausgabe Leumann von diesem Sûtra zitiert im Vermerk, SEITE 116. Eine versrythmische deutsche Übersetzung wird an der gleichen Stelle gefunden werden.
[17] Über die Bhôgas siehe SEITE 71, Anmerkung 2. Es ist hier vielleicht falsch geschrieben für Bhôga. In der Vishnu Purâna, Kamsa, Ugrasêna's Sohn wird zweimal Bhôgarâga genannt (siehe Übersetzung Wilson's, hg. Hall, vol. IV, SEITE 260, 271), im Widerspruch zu der gewöhnlichen Tradition, welche ihn zu einem Andhaka macht, vergleiche Patañgali über Pânini IV, 1, 114.
[18] Es wird gesagt zwei Arten von Schlangen zu sein, die gandhana und die agandhana. Die ersteren können gefertigt sein, um das Gift aus der Wunde zu saugen, die sie zugefügt haben, die anderen wollen lieber sterben als dies zu tun. Vgl. Leumann, loc. Leumann, loc. cit., SEITE 597, Anm .*
[19] Pistia Stratiotes, eine Wasserpflanze (kommt in tropischen Gebieten vor, an Ufern zu finden, mit Wind, jeder Strömung oder Hochwasser schwimmen sie weiter, bis sie wieder an ein neues Ufer angeschwemmt werden. ΑΏ)
[20] Dêvêndra bezieht sich hier auf die Geschichte der Nûpurapandita, von welcher er einen kleinen Teil in Prâkrit gibt. Die ganze Geschichte wird erzählt im Parisishtaparvan von Hêmakandra, siehe die Einleitung zu meiner Ausgabe dieses Werks in der Bibliotheca Indica.
[21] Vergleiche den letzten Vers der Neunten Vorlesung.