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Rechtschaffenheit[1], enthaltend von Sünden, versiert in der heiligen Kunde, seine Seele (von jedem falsch) schützend, klug, zäh, alles beachtend; er der an nichts verhaftet ist, ist ein echter Mönch. (2)

Ignorant des Missbrauchs und der Verletzung, ein standfester Mönch sollte ein Muster der Rechtschaffenheit sein, immer seine Seele (von Sünden) schützend, weder unbesonnen noch leidenschaftlich; wenn er alles erträgt, dann ist er ein Mönch. (3)

Er der mit niedrigen Betten und Unterkünften zufrieden ist, Hitze und Kälte, Fliegen und Mücken erträgt, weder unbesonnen noch leidenschaftlich ist, und alles erträgt, ist er ein echter Mönch. (4)

Er erwartet nicht respektvolle Behandlung, noch Gastlichkeit, noch Verehrung, noch, tatsächlich, lob; er kontrolliert sich selbst, hält die Gelübde, übt Askese, lebt zusammen mit anderen Mönchen, meditiert über seine Seele; dies ist ein wahrer Mönch. (5)

Wenn er sich nicht um sein Leben sorgt, oder jede Täuschung unterlässt, wenn er Männer und Frauen vermeidet, immer Entsagungen ausübt, und nicht irgendeine Neugier zur Schau stellt, dann ist er ein wahrer Mönch. (6)

Er der nicht bekennt und lebt auf Weissagung von Schnitten und Fetzen[2], von Klängen auf der Erde oder in der Luft, von Träumen, von Diagrammen, Stöcken[3] und

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[1]dhê, erklärt sadanushthânatayâ pradhânah. Lâdha ist auch der Name eines Landes in West-Bengalen, bewohnt, zu Mahâvîra's Zeit von unzivilisierten Stämmen, siehe Teil I, SEITE 84, Anmerkung 1. Die Etymologie der beiden Wörter ist zweifelhaft.

[2] Vergleiche die Notiz auf SEITE 161 von Teil I. Das 71. Kapitel der Varâha Mihira's Brihat Samhitâ handelt von vastrakhêda, Mieten, etc. von Kleidern, das 51., der agavidyâ, Ahnungen aus dem Körper, und das 53., der vâstuvidyâ, Eigentum von Gebäuden; Kapitel 88, 90 und 95 sind den Ahnungen von den Schreien der Vögel, weiblich Schakalen und Krähen gewidmet.

[3] Stock – Stab ist in der ausgeschmückten Sprache des Orients mit seinen Allegorien und Metaphern ein Synonym für Gesetz, man betrachte die Redewendung ‚der Stab des Gesetzes’. In Indien benützen noch heute die Polizisten Holzknüppel und sie versinnbildlichen ja die Exekutive des Gesetzes. Vgl. Moses erstes Wunder vor dem Pharao 1. Gen. 7 Vers 9-12; das Göttliche Gesetz wird aus der Hand des Priesterbruders Aaron genommen auf dem Boden zur Schlange, doch frisst auch dieses führerlose Gesetz die ‚Pharaonischen Gesetze’ von Pharaos beiden Magiern Jannes und Jambres’ (z.B. das gesetzgeberische 2 Kammerparlament) auf  und wird jedoch in der Hand wieder zum Stab, was nur Moses gelingt, nicht jedoch den beiden Magiern. Vgl. auch Hesajas 19, 14 wo ‚der Stab ein Zepter zum regieren’ benannt ist, das Zepter wiederum ist ja das Symbol der Macht (Gesetz) von Monarchen oder in der Demokratischen Schweiz wo das auf Kantonsebene häufig verwendete Symbol aufgrund der Verfassung bei zeremoniellen Anlässen vom Weibel getragen wird; das Gesetz in der Hand zu haben, ähnlich wie der Hirtenstab der kath. Bischöfe als Sinnbild für Ihre biblischen Gesetze und als Zeichen geistlicher und weltlicher Rechtsprechung von Kaiser Konstantin durch das privilegium fori autorisiert. Vgl. auch das Rätsel der Sphinx von Theben, das Tier, das in der Jugend auf vier Beinen, dann auf zwei, und im Alter auf drei Beinen geht ist der Mensch; symbolisch jedoch auch der Staat, wo jeder vor seinem Untergang seine Gesetze drakonisch verschärft. Je schärfere Gesetze ein Staat erlässt, desto näher ist er an seiner Auflösung. Beamte im allgemeinen sind nach sinngemässer Textauslegung sicher nicht im Mönschsstand. Im obigen Text können insofern ohne weiteres alle Beamten - welchen ja nicht einmal das (Bettelmönchs-) Gesetz gelernt werden sollte - gemeint sein, was auch konform mit der Lehre des Sufi Chisti ist. ΑΏ [2009 a.D.]