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[Fortsetzung]
Jainismus
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Wer das Gesetz in der Absicht annimmt, als Mönch zu leben, sollte in der Gesellschaft (mit anderen Mönchen) leben, aufrecht, und frei von Begierde; er sollte seine früheren Verbindungen verlassen, und sich nicht nach Vergnügen sehnen, er sollte umherwandern als ein unbekannter Bettler: dann ist er ein wahrer Mönch. (1)
Frei von Liebe, sollte er leben, ein Muster von
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Rechtschaffenheit[2], enthaltend von Sünden, versiert in der heiligen Kunde, seine Seele (von jedem falsch) schützend, klug, zäh, alles beachtend; er der an nichts verhaftet ist, ist ein echter Mönch. (2)
Ignorant des Missbrauchs und der Verletzung, ein standfester Mönch sollte ein Muster der Rechtschaffenheit sein, immer seine Seele (von Sünden) schützend, weder unbesonnen noch leidenschaftlich; wenn er alles erträgt, dann ist er ein Mönch. (3)
Er der mit niedrigen Betten und Unterkünften zufrieden ist, Hitze und Kälte, Fliegen und Mücken erträgt, weder unbesonnen noch leidenschaftlich ist, und alles erträgt, ist er ein echter Mönch. (4)
Er erwartet nicht respektvolle Behandlung, noch Gastlichkeit, noch Verehrung, noch, tatsächlich, lob; er kontrolliert sich selbst, hält die Gelübde, übt Askese, lebt zusammen mit anderen Mönchen, meditiert über seine Seele; dies ist ein wahrer Mönch. (5)
Wenn er sich nicht um sein Leben sorgt, oder jede Täuschung unterlässt, wenn er Männer und Frauen vermeidet, immer Entsagungen ausübt, und nicht irgendeine Neugier zur Schau stellt, dann ist er ein wahrer Mönch. (6)
Er der nicht bekennt und lebt auf Weissagung von Schnitten und Fetzen[3], von Klängen auf der Erde oder in der Luft, von Träumen, von Diagrammen, Stöcken[4] und
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Eigentum von Gebäuden, von Veränderungen im Körper, aus dem Sinn[5] der Schreie (von Tieren) - er ist ein echter Mönch. (7)
Zaubersprüche, Wurzeln, jede Art von medizinischer Behandlung, Brechmittel, Abführmittel, Beräucherung, Salbung des Auges, und Baden, des Patienten Klagen, und sein Trost - er der sich von all diesen Dingen enthält, ist ein wahrer Mönch. (8)
Er der nicht lobt, oder Aufmerksamkeit zollt an, die Krieger, Ugras[6], Fürsten, Brâhmanas, Bhôgas und Künstler aller Art, wer auf dies verzichtet, er ist ein wahrer Mönch. (9)
Er der nicht für irdischen Gewinn, sein Vertrautsein mit Haushaltsvorständen aufbessert, mit dem er als ein Mönch in seinen Bereich fiel oder in freundschaftlicher Beziehung vor dieser Zeit war, er ist ein Mönch. (10)
Einem Nirgrantha ist verboten von Haushaltsvorständen zu nehmen, wenn sie es nicht selbst geben, Bett, Unterkunft,
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Trinken, Essen, oder irgendwelche Leckereien und Gewürze; er der nicht zornig ist bei solchen Vorfällen, er ist ein wahrer Mönch. (11)
Wenn ein Mönch irgendwelche Speisen und Getränk, oder Leckereien und Gewürze erhält, und kein Mitleid fühlt (an einem kranken Gefährten-Mönch) in Gedanken, Worten und Taten, (dann ist er nicht ein wahrer Mönch)[7]; aber wenn er seine Gedanken, Worte und Handlungen unter strenger Disziplin hat, dann ist er ein wahrer Mönch. (12)
Geschirr-Wasser[8], Gerstenbrei, kalte saure Mehlsuppe[9], Wasser in welchem Gerste gewaschen worden ist: so widerliches Essen und Trinken sollte er nicht verachten, sondern vorsprechen bei den niedrigsten Häusern (für Almosen); dann ist er ein wahrer Mönch. (13)
Es gibt viele Stimmen auf der Erde, von Göttern, von Menschen und von Tiere, schauderhafte, furchterregende, und schreckliche Geräusche; wenn er sie hört, ohne zu zittern, dann ist er ein wahrer Mönch. (14)
Er der alle religiösen Disputationen versteht, [der zusammen mit Gefährten-Mönchen lebt][10], der Selbstdisziplin ausübt[11], der über seine Seele meditiert, der weise ist, kühn und alles beachtet, der
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ruhig ist, und nicht irgendjemandem weh tut, er ist ein wahrer Mönch. (15)
Er der, nicht lebt durch irgendeine Kunst, ohne Haus,
without friends, subduing his senses, free from all ties, sinless, and eating but little, leaves the house and lives single, he is a true monk. ohne Freunde, seine Sinne unterwerfend, frei von allen Bindungen, frei von Sünde, und nur wenig essend, das Haus verlässt und einzeln lebt, er ist ein wahrer Mönch. (16)
So sage ich.
Ende der Fünfzehnten Vorlesung, genannt DER WAHRE MÖNCH.
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[1] Der Name dieser Vorlesung, sa Bhikkhu, ist abgeleitet von der Bürde, welche durch die gesamte Vorlesung geht und sich um jeden Vers windet.
[2] Lâdhê, erklärt sadanushthânatayâ pradhânah. Lâdha ist auch der Name eines Landes in West-Bengalen, bewohnt, zu Mahâvîra's Zeit von unzivilisierten Stämmen, siehe Teil I, SEITE 84, Anmerkung 1. Die Etymologie der beiden Wörter ist zweifelhaft.
[3] Vergleiche die Notiz auf SEITE 161 von Teil I. Das 71. Kapitel der Varâha Mihira's Brihat Samhitâ handelt von vastrakhêda, Mieten, etc. von Kleidern, das 51., der aṅgavidyâ, Ahnungen aus dem Körper, und das 53., der vâstuvidyâ, Eigentum von Gebäuden; Kapitel 88, 90 und 95 sind den Ahnungen von den Schreien der Vögel, weiblich Schakalen und Krähen gewidmet.
[4] Stock – Stab ist in der ausgeschmückten Sprache des Orients mit seinen Allegorien und Metaphern ein Synonym für Gesetz, man betrachte die Redewendung ‚der Stab des Gesetzes’. In Indien benützen noch heute die Polizisten Holzknüppel und sie versinnbildlichen ja die Exekutive des Gesetzes. Vgl. Moses erstes Wunder vor dem Pharao 1. Gen. 7 Vers 9-12; das Göttliche Gesetz wird aus der Hand des Priesterbruders Aaron genommen auf dem Boden zur Schlange, doch frisst auch dieses führerlose Gesetz die ‚Pharaonischen Gesetze’ von Pharaos beiden Magiern Jannes und Jambres’ (z.B. das gesetzgeberische 2 Kammerparlament) auf und wird jedoch in der Hand wieder zum Stab, was nur Moses gelingt, nicht jedoch den beiden Magiern. Vgl. auch Hesajas 19, 14 wo ‚der Stab ein Zepter zum regieren’ benannt ist, das Zepter wiederum ist ja das Symbol der Macht (Gesetz) von Monarchen oder in der Demokratischen Schweiz wo das auf Kantonsebene häufig verwendete Symbol aufgrund der Verfassung bei zeremoniellen Anlässen vom Weibel getragen wird; das Gesetz in der Hand zu haben, ähnlich wie der Hirtenstab der kath. Bischöfe als Sinnbild für Ihre biblischen Gesetze und als Zeichen geistlicher und weltlicher Rechtsprechung von Kaiser Konstantin durch das privilegium fori autorisiert. Vgl. auch das Rätsel der Sphinx von Theben, das Tier, das in der Jugend auf vier Beinen, dann auf zwei, und im Alter auf drei Beinen geht ist der Mensch; symbolisch jedoch auch der Staat, wo jeder vor seinem Untergang seine Gesetze drakonisch verschärft. Je schärfere Gesetze ein Staat erlässt, desto näher ist er an seiner Auflösung. Beamte im allgemeinen sind nach sinngemässer Textauslegung sicher nicht im Mönschsstand. Im obigen Text können insofern ohne weiteres alle Beamten - welchen ja nicht einmal das (Bettelmönchs-) Gesetz gelernt werden sollte - gemeint sein, was auch konform mit der Lehre des Sufi Chisti ist. ΑΏ [2009 a.D.]
[5] Eine mutmaßlichen Erbringung von vigaya, welches nicht in seiner gewöhnlichen Bedeutung "Sieg" genommen werden kann. Der Kommentar erklärt es subhâsubhanirûpanâbhyâsah.—Beachte die Abwesenheit der Astrologie aus der obigen Liste der prophetischen Kunst ausgeführt durch herumwandernde Brüder offensichtlich ausgeübt, um sich in die Gunst der Laien und Frauen einzubringen. Wenn griechischer Einfluss schon zu Bedeutung aufgestiegen wäre, wäre es sicherlich erwähnt worden. Denn seit jeher hat es einen festen Halt auf dem hinduistischen Geist .-- Diese Bemerkung findet auch auf XX, 45 Anwendung. Nur in Sûtrakritâṅga I, 12, 9, wird Astrologie (samvakkhara) erwähnt, es ist jedoch, die alte Astrologie der Hindus, nicht die griechische.
[6] Die Ugras und Bhôgas waren Kshattriyas. Die ersteren waren nach den Gainas, die Nachkommen derer, die Rishabha, der erste Tîrthakara, für das Amt des Kôtwals oder Präfekten von Städten ernannte, während die Bhôgas Nachfahren von denen waren, die Rishabha als der Ehre verdienende Personen anerkannte. Comp. Hoernle, Uvâsaga Dasâo, Appendix, SEITE 58, und meine Ausgabe der Kalpa Sûtra, SEITE 103, Anmerkung zu. Mit den Ugras und Bhôgas wird das Institutionalisierte des eigenen Glaubens angegriffen. Mit Recht, wie man sieht, zu was für Konflikten es führen kann, wenn Menschen dank ihrer Abstammung Vorteile erhalten oder erhoffen wie z.B. Abkömmlinge eines Monarchen, Potentaten, Reichen oder berühmten Religionsstifters etc. ΑΏ [2009 a.D.]
[7] Die Kommentatoren liefern diese Worte; etwas zu dieser Behauptung ist gewünscht, um einen in sich schlüssigen Sinn zu machen, aber es gibt nicht so viel als einen Wink davon im eigentlichen Text. Wie es jetzt steht, würde der Sinn genau das Gegenteil von dem sein von dem in der Übersetzung gegebenen, welches in einer besseren Übereinstimmung mit dem bestehenden Brauch ist.
[8] Âyâmaga, es wird âkâmaka in Sanskrit wiedergegeben, und erklärt avasrâvana, d.h. avasrâvana (hier ist der Unterschied das nicht kursive ‚s’) Siehe auch Leumann, Aupapâtika Sûtra, Glossar s v.
[9] Sauvîra, erklärt kâñgika, das Wasser von gekochtem Reis in einem Zustand der spontanen Gärung
[10] Dies ist ein späterer Zusatz, erwiesen solcher zu sein durch das Versmass, obwohl die Kommentatoren darauf Kommentar abgeben.
[11] Khêyânugaê. Die Kommentatoren erklären khêda durch samyama